Nach 29 Jahren wird die einzige Zugverbindung zwischen den Nachbarländern Schweden & Finnland wiederbelebt. Kann sie zu einem nachhaltigeren Reiseverhalten beitragen?
Weit im Norden, dort wo die Wellen der Ostsee ihr Ende auf Skandinavischem Boden finden, hat sich seit 29 Jahren ein in Europa einmaliges Ereignis (nicht) abgespielt. Im Sommer 1992 rollte zwischen den Nachbarländern Schweden und Finnland zum letzten Mal ein Personenzug über die Grenze.
Seitdem: Stille am Gleis.
Die 614 Kilometer lange Grenzstrecke, die sich vom nördlichsten Ende der Ostsee, bis über die Höhe der Lofoten erstreckt, blieb un-überquerbar, wollte man sie mit dem Zug passieren. Mit der Widereröffnung der Bahnstation in Haparanda (Schweden), am 01.April 2021, wird somit ein Stück Geschichte geschrieben. Eine solche Geschichte, die sich in Zeiten des Klimawandels und des bewussten Entscheidens für Slow-Travel Modelle bedeutungsvoller herausstellen kann, als auf den ersten Blick angenommen.
Quelle zum Bild: https://yle.fi/uutiset/osasto/news/finland-sweden_train_travel_moves_a_step_closer/11860824?fbclid=IwAR3OlC8qqJ3zGuxptrebng7zcbK0JgsvwoBjuKh7CS0pc57jl885gZ9n-3I
Die Eisenbahn. Ein Sinnbild der Romantik für andächtiges Reisen. Doch wie nachhaltig ist die Umwelt-Bilanz des Zugreisens wirklich? An dieser Stelle wollen wir die Dinge auf den Punkt bringen. Denn was wir uns schon lange Wünschen: das mehr Gäste den Weg in den Norden - den Weg in die Natur - auf eine nachhaltige Weise finden, könnte somit Realität werden.
Also, Butter bei die Fische.
Hier eine Beispielrechnung anhand der Anreisestrecke in unser Wildniscamp von Hamburg nach Ivalo (Finnland). Dies sind die errechneten, groben Ausstosswerte. (Natürlich kommen noch Werte für Hotelübernachtungen, die Anreise nach Hamburg, die Lebensmittel die wir unterwegs verzehren... und so weiter und so weiter ... hinzu.) Aber bleiben wir mal beim realistischen Durchschnitt: Hin- und Rückweg von Hamburg nach Ivalo: 0,04 Tonnen Co2 mit ÖVP (davon 2200 Zug und 300 Kilometer Bus) 0,87 Tonnen Co2 bei einer Person bei 2500 Kilometer mit dem PKW (Verbrauch: 8 Liter/100km)
(Der CO2 Gehalt reduziert sich fast um die Hälfte, wenn 2 Personen in einem PKW reisen.)
0,69 Tonnen Co2 bei Flugstrecke: Hamburg - Ivalo (Hin-und Rückflug) Um diese Zahlen in das Licht des direkten Vergleichs zu rücken: 1 Buche braucht 80 Jahre, um 1 Tonne CO2 zu kompensieren. Schlecht fürs Klima, gut für den Geldbeutel. Aus ökologischer Sicht sind bei der Frage nach Bahn oder Flugzeug mehrere Faktoren zu beachten. Beim Fliegen ist es nicht allein der Ausstoß von CO2, das aufs Klima wirkt. Auch Substanzen wie Stickoxide, Aerosole und Wasserdampf, die bei der Verbrennung von Kerosin entstehen, tragen zur Erderwärmung bei.
Ein wichtiger Punkt ist zudem, dass sich die ausgestoßenen Stoffe in großer Höhe stärker auf den Treibhauseffekt auswirken, als wenn sie auf dem Boden freigesetzt werden. Daher wird die Treibhauswirkung des CO2 aus Flügen in der Regel mit dem Faktor 3 multipliziert, um die tatsächliche Klimabelastung zu berücksichtigen. ABER: Mit gutem Gewissen Reisen zu wollen, kann sich nicht Jede_r leisten. Auf Bahntickets für den Fernverkehr wird eine Mehrwertsteuer von 19 Prozent erhoben, auf Nahverkehrstickets sind es sieben Prozent. Für Flugreisen ist die Besteuerung komplex, da häufig internationale Fluggesellschaften unterschiedlichem Steuerrecht unterliegen. Unterm Strich wird auf Kerosin keine Steuer erhoben – obwohl dessen Verbrennung so umweltschädlich ist. Hoffen wir mal, dass neben des tatsächlichen "Zur-Verfügung-Stellens" der Infrastruktur, Diese bald auch unbegrenzt von allen Menschen genutzt werden kann. Egal wie dick unsere Geldbörse ist.
Wisst ihr, mein Opa träumte einst von einer langen Zugreise ...
... mit der Transsibirischen Eisenbahn durch das wilde Russland, nur mit dem, was man am Leibe trägt und einem kleinen Bündel unter´m Arm, in ein grosses Abenteuer. Diesen Hang zu Träumereien habe ich wohl untrüblich von ihm übernommen.
Und ich wollte sie immer machen: meine grosse Zugreise. Erst durch Russland, dann quer durch Europa, dann um die Ostsee, dann zu Fuss. Zwischenzeitlich war mir die ganze Welt nicht gross genug und ich wollte möglichst sieben Länder sehen, in sieben Tagen. Ich habe es bis hierher nie getan. Mittlerweile bereue ich es nicht, dem Drang nach Schnelllebigkeit entsagt zu haben. Ich bin ganz froh hier oben, am Rande Europas, mit den Hunden und dem verschlafenen See vor der Nase. Aber dieser Reiz des langsamen Reisens - den Weg, den ich gehe wirklich wahrzunehmen - der kitzelt wie zu viel verstreuter Pfeffer über dem Herd, noch in meiner Nase. Und eines Tages werde ich die metallenen Stufen in den Wagon hinaufsteigen, der mich nach Osten bringt. Die Lok wird sich ganz langsam und dann einem steten Rhytmus folgend, den Züge nun einmal innehaben, immer weiter vom Bahnsteig entfernen. Und die an den Zurückgelassenen vorbeirauschenden Lettern des Zielortes werden fast zur Unkenntlichkeit verschwimmen, nur noch mit zusammengekniffenen Augen vermag man den Schriftzug erkennen: "Irkutsk"!
Das also ist mein Traum. Und euer? Egal wie er aussehen möge, ich hoffe ihr werdet eines Tages in den Genuss des langsamen Reisens kommen.
Und wer den Weg in unser Camp findet: warum nicht bereits damit beginnen?
Bereits jetzt stehen verschiedene Fähr- und Bahnverbindungen für eine nachhaltige Anreise nach Ivalo zur Verfügung. Details & Infos findet ihr z.B. in unserem speziellen "Green Deal" - eine grüne Kanuwoche. Im Flyer findet ihr genaue Bedingungen zum Anreisen mit dem Fernverkehr.
Klickt hier, scrollt runter und stöbert im "Green Deal".
https://www.nomadicnaali.com/sommer
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